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Meine Geschichte

Erstmal ein freundliches Hallo an alle! Zu allererst möchte ich gerne loswerden, dass mich das Einstellen einer eigenen Homepage sehr viel Überwindung kostet. Ich möchte hier weder Kunst posten noch über Stars und Sternchen plaudern. Ich möchte aufklären.

Worüber?
Über ein heikles Thema, das meiner Meinung nach zu selten angesprochen wird: Essstörungen.
Ich selbst bin 20 Jahre alt und leide seit über eineinhalb Jahren an Bulimie. Innerhalb dieser Zeit habe ich leider feststellen müssen, dass Essstörungen in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Oft wird man als verrückt abgestempelt, die Menschen nehmen einen nicht ernst.
Oft musste ich die Erfahrung machen, dass man gar nicht als krank betrachtet wird. Menschen sehen nur das, was sie sehen wollen. In meinem Fall ist das eine junge, schlanke, augenscheinlich gesunde Frau. Vielleicht bin ich etwas zu dünn, vielleicht auch etwas blass. Aber ansonsten?
Sieht doch alles super aus. Selbst auf meine eigenen Eltern kann ich mich nicht verlassen. Die meisten meiner "Freunde" haben sich aus dem Staub gemacht und geblieben ist mir nur meine beste Freundin. Ich kann weder die Schule zu Ende machen, noch eine Ausbildung. Ich werde mehrmals am Tag ohnmächtig, leide unter Blutarmut, dauerhafter Magenübersäuerung, meine Zähne sahen auch schon besser aus. Jeder Tag ist ein Kampf. Ein Kampf mit, gegen und für eine Sache, die für den Großteil der Bevölkerung völlig normal ist: Essen. Oftmals sehe ich mich Vorurteilen gegenüber, die mir durch Mark und Bein gehen.

1. Bulimische Menschen haben sich das doch selbst ausgesucht.
2. Bulimie? Ist das nicht fressen und kotzen?
3. Bulimie ist keine Krankheit sondern ein spinnerter Einfall von jungen Frauen.

Liebe Leser, ich kann Euch versichern, ich habe mir diese Krankheit nicht ausgesucht. Und ja, wenn man es so ausdrücken will fresse und kotze ich. Unter Schmerzen, hervorgerufen von einem Zwang, den ich nur selten besiegen kann. Und um zum letzten Punkt zu kommen: BULIMIE IST KEIN EINFALL!
Niemand sucht sich eine Essstörung aus. Jeder hat seine eigene Geschichte, wie er in die Fänge dieser Krankheit gekommen ist, aber eins ist sicher: niemand, aber auch wirklich niemand, tut das freiwillig. Essstörungen sind keine Entscheidungen, die wir treffen, sondern Krankheiten. Krankheiten, die unser ganzes Leben kontrollieren. Nach eineinhalb Jahren, die mein ganzes Leben aus den Fugen gerissen haben, bin ich endlich soweit, über meine Krankheit zu sprechen.
Allerdings hört sich das einfacher an, als es tatsächlich ist. Bulimie bekommt man nicht von heute auf morgen. Das ist ein langer Prozess. Um eine Essstörung in derart großem Ausmaß zu bekommen, muss eine Grundlage aus Angst, Konfliktunfähigkeit, Einsamkeit und manchmal auch Gewalt bestehen. Bei mir ist die Bulimie also auf fruchtbaren Boden gefallen.
Ich muss weit ausholen, um Euch allen erkären zu können, wie es soweit kommen konnte. Wenn ich hier auf einmal alles erklären wollen würde, müsste ich morgen noch tippen. Zunächst mal hatte ich, ihr ahnt es alle, eine miese Kindheit.
Jetzt werden sich einige an den Kopf fassen und denken "Ach nein, die Standartausrede, welch Überraschung!", und ja, ich kann es Euch nicht verübeln. Trotzdem entspricht es der Wahrheit.

Ich bin mit einem alkoholkranken Vater aufgewachsen. Wir lebten mit den Großeltern mütterlicherseits in einem kleinen Dorf in Hessen. Meine Eltern waren zu dem Zeitpunkt meiner Geburt schon nur noch auf dem Papier verheiratet. Meine Mutter arbeitete viel, um die Schulden meines Vaters zu tilgen, die er zu Hauf bei diversen Pornoseiten im Imternet angehäuft hatte. Auch machte er mit seiner Alkoholsucht Schulden. Er hat mich nie beachtet, kennt bis heute nichtmal meinen Geburtstag.
Die wenigen Worte, die er jemals an mich gerichtet hat lassen sich leicht in einem Satz zusammenfassen: Du kleine Schlampe, dich will hier eh niemand, du bist an allem Schuld. Solche und ähnliche Parolen waren bei uns an der Tagesordnung.
Wenn meine Mutter nicht gearbeitet hat, hatte sie Affären. Ich kann die verschiedenen Männer nicht mehr zählen. Sie verschwand oft für Stunden von der Bildfläche ohne zu sagen, wohin sie ging.
Mein Vater war arbeitslos, versank in seiner Sucht und suchte sich die fehlende Zuneigung bei seinen Hunden. Diese Tiere gaben ihm Sicherheit und Halt. Sie wurden gehätschelt und geliebt. Trainiert um zu glänzen. Mich begrüßte er nichtmal, wenn ich von der Schule kam.

Meine Großeltern hassten meinen Vater und alles, was mit ihm zu tun hatte. Darunter viel auch ich. So kam es, dass ich von Glück reden konnte, wenn ich ein warmes Mittagessen bekam. Schließlich war ich nur das Kind von dem "Türkenbock" (die erste Ehefrau meines Vaters war türkischer Abstammung) und seiner Hure (ja, sie meinten meine Mutter). Mein Großvater holte gerne mal aus, wenn ich beim Essen nicht still saß oder noch schmutzige Hände vom spielen im Garten hatte. Meine Großmutter predigte mir immer, dass ich viel beten müsse, um die Sünden meiner Eltern aufzuwiegen. Ich bekam einen richtigen Hass auf alles, was mit Religion zu tun hatte.

Unerwähnt blieb bisher meine Schwester. Sie stammt aus erster Ehe meiner Mutter. Das Musterkind. 13 Jahre älter als ich und jeder Zoll pure Perfektion. Augenscheinlich. Meine Großeltern hatten sich in der Nachkriegszeit ein kleines Imperium an Häusern aufgebaut. Hart erarbeitet und solide gebaut. Eine kleine Goldgrube. Meine Schwester wurde in dem Glauben erzogen, dass sie eines Tages alles erben würde, hatte sie meinem Großvater dieses Versprechen doch noch auf dem Sterbebett abgerungen. Sie ging auf die besten Schulen, trug die teuersten Kleider, hatte massenhaft Freunde. Und dann kam ich.
Plötzlich musste sie teilen, aber darauf hatte sie ja irgendwie gar keine Lust. 18 Jahre wurde ich von ihr geschlagen, in den Keller gesperrt ( ein Bunker aus Kriegszeiten), verlacht und gedemütigt. Ich kann nicht zählen, wie oft sie mich mit einem Stock verprügelt hat oder mir gesagt hat, ich solle mich umbringen, da ich eh jedem nur zur Last fallen würde.
Sie steckte mir sogar Rasierklingen zu.
Als ich mit 13 anfing, weibliche Rundungen zu bekommen, zog sie mich eines morgens aus dem Bett. Sie schleifte mich nur im Unterhemd mit Höschen auf die Strasse und riss mir dabei allerhand Haare aus. Sie präsentierte mich meinen ganzen Mitschülern, die auf dem Weg zur Schule waren, während ich eigentlich mit Grippe im Bett lag. Abends stand sie oft mit dem Messer vor mir und zog eine ziemlich üble Freddy-Krüger-Gedächtnis-Nummer ab, indem sie mir damit über das Gesicht strich und mir zuflüsterte, ich solle bloß nicht einschlafen, sonst würde sie dafür sorgen, dass ich nicht mehr aufwachen würde.
Auch zwang sie mich zum gemeinsamen duschen, bei dem sie mir jedes mal ihren tollen 90-60-90-Körbchengröße C-Astralleib präsentierte. Natürlich lies sie es sich nicht entgehen, mich jedes mal darauf hinzuweisen, dass meine Brüste zu klein und uneben seien. Außerdem sei ich eh zu fett.
Ja, so ist das eben als Teenie. Da wachsen noch Dinge, aber das konnte ich zudem Zeitpunkt nicht wissen.
Ihre Bemühungen waren dann an meinem 14. Geburtstag von Erfolg gekrönt.
Ich versuchte mich umzubringen.
Mein Glück damals war, dass ich die Pulsadern nicht richtig aufschnitt und früh von meinem Schwager gefunden wurde. Ich wurde nicht zum Arzt gebracht. Die Sache wurde unter den Tisch gekehrt und das Leben ging weiter. Währenddessen erbrachte ich schulische Höchstleistungen. War Jahrgangsbeste für vier Jahre in Folge. Ich wollte raus. Alles tun um genügend Möglichkeiten zur Flucht zu haben.
Zu der Zeit lernte ich meinen ersten Freund kennen.
Ein netter Junge, fürsorglich, lustig und über beide Ohren in mich verschossen. Da war ich 15.
Sechs Monate später vergewaltigte er mich.
Und ich blieb bei ihm. Denn wen hatte ich denn auch? Freunde? Keine wirklichen. Familie? Nichts. Ich erzählte es trotzdem meiner Mutter, die es mit einen Strinrunzeln und "Jungs in dem Alter schlagen eben ab und an über die Stränge." abtat. Ich trennte mich trotzdem.

Ich schloss meine Schule mit 1,6 ab und begann eine Ausbildung. Die ich neun Monate später abbrach, da mich mein Ausbilder bedrängte und ich klar und deutlich zu verstehen bekommen hatte, dass ich nicht mehr erwünscht war. Zu der Zeit war ich mit meinem neuen Freund ausgezogen. Dieser Herr benutzte mich mit Freuden als Putzfrau und Heimchen, aber so lange ich nach einer neuen Ausbildung suchte, war das okay für mich. Hauptsache nicht zurück nach Hause.
Ich wurde unglücklich, konnte aber nicht von dem Kerl los und fand keine neue Ausbildung. Ich ging auf wie ein Hefekloß.
Zu dieser Zeit lernte ich einen jungen Mann kennen. Und ich verliebte mich. Zum ersten mal im Leben. Alles kribbelte. Er war so nett und charmant und lustig und intelligent. Aber er wollte mich nicht. Für mich war das damals okay und wir wurden Freunde. Gute Freunde. Er steckte in einem ziemlich verantwortungsvollen Beruf, in dem Aussehen und Prestige wichtig waren. Wandelte sich immer mehr vom netten Kerl zum Macho. Ein One Night Stand jagte den nächsten. Frauen mussten dürr, blond und doof sein.
Diesem Ideal entsprach ich nicht. Ich war weiblich, nicht dick. Dunkelblond. Und ich hatte schon immer meinen eigenen Kopf. Aber ich wollte ihm gefallen. Um alles in der Welt.
Traf mich weiter mit ihm, hielt Diät, trieb Sport wie eine Irre. Durfte mir anhören, wie sehr er mich mochte. Wurde von ihm auf Konzerte und Comedyshows mitgenommen. Besuchte ihn auf Geschäftsreise in Brüssel.
Ich hätte alles für ihn getan. War ich doch die Einzige, bei der er weinte, seine Sorgen rausliess und wieder der nette Junge von früher war. Wie oft er mir gesagt hat, dass er ohne mich nicht leben könne, weil ich seine engste Vertraute und einzige richtige Freundin sei, kann ich nicht mehr sagen. Es waren bestimmt über hundert mal.
Und dann hatten wir Sex.

Ich schwebte im siebten Himmel, immerhin hatte er ja jetzt bewiesen, dass er mich auch optisch attraktiv fand. All die Mühen hatten sich endlich ausgezahlt: er sah mich als Frau. Am Morgen danach teilte er mir mit, dass der Sex unglaublich war. Das einzige Problem sei aber eben, dass ich zu dick sei.

Und ich begann das Brechen.

Tja, und so sitze ich heute an meinem Rechner und schreibe alles in groben Zügen auf. Zu dem Herren habe ich längst keinen Kontakt mehr. Meine Eltern halten mich immer noch für verrückt. Sie sind inzwischen geschieden. Meine Mutter ist weggezogen, zu ihrem neuen Freund. Mein Vater frönt immer noch dem Alkohol. Zu meiner Schwester habe ich keinen Kontakt. Nur meine beste Freundin ist immer noch da.
Sie und mein Verlobter. Im Sommer letzten Jahres habe ich den Mann getroffen, mit dem ich mein Leben verbringen will. Ja, ich weiß, es ist früh, ich bin jung. Aber ich habe weißgott genug erlebt um so eine Entscheidung treffen zu können. Er stützt und hält mich. Er ist der einzige Grund, warum ich im letzten jahr keinen Suizid begangen habe. Er geht mit mir zur Therapie, unterstützt mich und hat mit mir gemeinsam den Kampf angetreten. Wir leben zusammen und er tut alles, um zu helfen. Vor einer Woche hat er mir einen Antrag gemacht. Mein Leben bekommt wieder Aufschwung.

Ich hoffe ich konnte einen kleinen Einblick vermitteln.
In Zukunft werde ich hier regelmäßig über meine Fortschritte, meine Vergangenheit, die Krankheit und generell alles posten, was ich denke, interessant sein könnte. Und ich würde mich über Diskussionsanregungen, Unterstützung und natürlich auch über die ein oder andere Meldung einer Leidengenossins oder eines Leidensgenossen freuen.

Und immer daran denken: Essstörungen sind keine Entscheidungen, sonder Krankheiten. Und Krankheiten kann man besiegen!

Liebe Grüße Ardilla Kunterbunt
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